61. Dornbirn-GFC 2022 – Nachhaltigkeit war ein großes Thema

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Global Fiber Congress – Dornbirn-GFC – 14.-16. September 2022

Nachhaltigkeit, mit seinen Herausforderungen und der Dringlichkeit, die Auswirkungen des menschlichen Fußabdrucks auf dem Planeten einzudämmen, waren die Hauptthemen der Eröffnungssitzung des 61. Dornbirn GFC Global Fiber Congress. Wie jedes Jahr fand der 61. Dornbirn-GFC erneut in Dornbirn, Österreich vom 14.-16. September 2022 statt. Thomas Riegler von PricewaterhouseCoopers wies mahnend darauf hin, dass aktuell fast alle planetarischen Grenzen bei weitem überschritten sind. Und das trotz Billionen nachhaltiger und ESG Investitionen. Bei der Frage, was schief gelaufen ist, stellte er fest, dass es kein gemeinsames und geteiltes Verständnis und keine gemeinsame Definition des Begriffs Nachhaltigkeit gibt. Es fehlen Standards für die Berichterstattung, entsprechend einheitliche Ratings und Rahmenwerke. Tatsache ist, dass der CO2-Gehalt in der Erdatmosphäre einen neuen Rekordwert erreicht.

Hauptthemen der über 100 Vorträge waren Faser Innovationen, Kreislaufwirtschaft & Nachhaltigkeit & Recycling, Vliesstoffe, intelligente, funktionale Oberflächenbehandlung sowie Bekleidung & Sport.

Isa Hofmann war Moderatorin und Vorsitzende des Blocks „Apparel & Sports“

Ich habe den „Apparel & Sports“ Block am Mittwoch Nachmittag, 15. September moderiert. Susanne Müller, Natalie van Bentum und Lars Claußen hielten jeweils einen 20-minütigen Vortrag. Gemeinsam schauten wir uns genauer an, wie diese Branche die Herausforderungen mit Blick auf Produktion, Einzelhandel und Verbraucherverhalten meistert.

Nachhaltigkeit durch Teilen

„Die GenZ geben Kleidung ein zweites Leben, sie teilen gerne. Außerdem nutzen sie Click & Collect und verhalten sich so bereits wesentlich nachhaltiger.“  – Susanne Müller

Susanne Müller von der Hochschule Niederrhein, University of Applied Sciences in Mönchengladbach, Deutschland, gab einen Einblick in die Herausforderungen des „Neuen Luxus“ für die Textil- und Bekleidungsindustrie. Die Definition von Luxus ändert sich aktuell rasant.  Der Grund sind die neuen Verbraucher Millenials und Generation Z (GenZ). Die Generation Z, geboren in den späten 1990er Jahren oder Anfang des 21. Jahrhunderts, ist laut Müller mit rund 2,7 Milliarden Menschen die größte Generation der derzeitigen Weltbevölkerung. Diese neue Generation kämpft für die Menschenrechte, verteidigt unterdrückte Menschen und fördert die Offenheit gegenüber allen Rassen, Ethnien und sexuellen Orientierungen. Da sie als moderne Kreativdirektoren bei den Luxusmarken Verantwortung übernehmen, hinterlassen sie ihre Spuren und prägen entscheidend die Markenwahrnehmung.

Da sie als moderne Kreativdirektoren bei den Luxusmarken Verantwortung übernehmen, hinterlassen sie ihre Spuren und prägen entscheidend die Markenwahrnehmung. Millenials und GenZ werden bis 2025 70 % des Luxusmarktes ausmachen. Sie sind für 130 % des Wachstums verantwortlich. Sie  identifiziert sieben prägende neue Luxustrends für das Jahr 2022 – darunter der Secondhand-Luxus, die branchenübergreifende Zusammenarbeit und die sogenannte „nachhaltige Nachhaltigkeit“.

Der Einfluss der Digitalisierung auf die Mode wird deutlich, wenn sie das Beispiel der non fungible token (NFT’s) anführt. NFTs verändern die Art und Weise, wie wir Dinge digital besitzen. Diese Token können sicher gehandelt werden, wobei die Transaktionshistorie auf einer Blockchain gespeichert wird – so wird die Transparenz in Bezug auf Authentizität und Eigentum gewährleistet. Kerry Murphy, Gründerin von The Fabricant, einem digitalen Modehaus, hat dazu ein Manifest veröffentlicht. Es erklärt den revolutionären Geist dieser neuen digitalen Luxusmode. Es gibt auch Bestrebungen verschiedener Luxusmarken, auf diese innovative Weise zusammenzuarbeiten und ein Blockchain-Konsortium zu gründen. Interessante Perspektiven und Konzepte für den Luxus der Zukunft.

Nachfrage nach nachhaltigen Online-Shopping Konzepten

„Wir alle könnten unser Einkaufsverhalten überdenken und uns für nachhaltigere Optionen entscheiden“ – Natalie van Bentum

Natalie van Bentum gab einen Einblick in die „Erfolgsfaktoren für die letzte Meile im Mode-E-Commerce“. Als Doktorandin an der Technischen Universität Dortmund & Hochschule Niederrhein untersucht sie, wie KEP-Dienste (Kurier-Express und Paketdienste) bei der Auslieferung von Modebestellungen erfolgreicher und nachhaltiger sein können. Im Zuge der Covid-Pandemie ist der Anteil der E-Commerce-Bestellungen drastisch gestiegen. Prognosen gehen von einem Anteil von 50 % im Jahr 2030 aus (2010: 9 %). Ein erhöhtes Versandhandelsvolumen führt zu einem höheren Verkehrsaufkommen, Staus, Lärmbelästigung und höheren Emissionen. Van Bentum: „Die letzte Meile verursacht 50 % der gesamten Zustellkosten für KEP.“ Sie untersucht verschiedene Stellschrauben mit dem Ziel, die Zustellkosten zu senken, die Leistung zu verbessern und die Nachhaltigkeit zu erhöhen. Um nur einige ihrer Empfehlungen zu nennen: Ermittlung der infrastrukturellen Rahmenbedingungen, Wahl des Fahrzeugtyps und des Antriebs, Ermittlung von Einsparmöglichkeiten auf der Tour, stärkere Zusammenarbeit mit Online-Händlern. Auf die Frage, was der Endverbraucher tun kann, sagt sie: „Wir alle können unser Einkaufsverhalten überdenken und uns für eine nachhaltigere Auswahl entscheiden. Es gibt Studien, die belegen, dass Online-Shopping weniger Kohlendioxid-Emissionen verursacht als der Gang in ein stationäres Geschäft. Das hängt allerdings stark davon ab, ob man das Auto nimmt oder zum Beispiel mit dem Fahrrad fährt. Man könnte auch Pakete an einer Abholstation abholen oder offen für neue Konzepte sein.“ Deutschland ist das Land mit den höchsten Retourenquoten, da die Bezahlung per Rechnung und nicht direkt erfolgt. Es wird diskutiert, den Kunden die Rücksendung in Rechnung zu stellen. Der Einsatz von Drohnen ist in Deutschland noch gesetzlich verboten.  Van Bentum: „In Shanghai war es während der Pandemie völlig normal, dass Verbraucher ihre Pakete per Drohne erhalten haben.“

Nachhaltigkeit durch biobasierte Materialien

„Die große Herausforderung besteht darin, von fossilen auf biobasierte Materialien umzusteigen und dabei die Funktionalität auf gleich hohem Niveau zu halten“ – Lars Claußen

Textilingenieur Lars Claußen ist seit April 2020 Mitglied des Environmental Ergonomics Research Centre an der Loughborough School of Design and Creative Arts. Für seine Doktorarbeit führt er eine Forschung in Zusammenarbeit mit Adidas durch, in der er die Langzeitqualität von Sportbekleidung aus recyceltem Polyester untersucht. In einem zweijährigen Langzeit-Trageversuch will er herausfinden, was die entscheidenden Punkte für die Akzeptanz von T-Shirts aus Neuware oder recyceltem Polyester sind. „Bis 2024 wird adidas, wo immer möglich, nur noch recyceltes Polyester verwenden.“ So lautet eine klare Aussage auf der offiziellen Website von Adidas. Laut Claußen scheint dem nichts im Wege zu stehen.  Es lassen sich keine signifikanten Unterschiede in der Wahrnehmung der verschiedenen Materialien verzeichnen. Auf die Frage, was die größte Herausforderung für die Sport- und Bekleidungsindustrie in der Zukunft sei, antwortet Claußen: Recyclingfähigkeit und Langlebigkeit: „Die große Herausforderung besteht darin, von Materialien auf der Basis fossiler Brennstoffe zu biobasierten Materialien überzugehen und dabei die Funktionalität zu erhalten“.

Unter folgendem Link finden Sie weitere Informationen zum Dornbirn-GFC: www.dornbirn-gfc.com

Das Programm der diesjährigen Dornbirn-GFC finden Sie hier